top of page
Suche

Unser "Verbands-Pilot und Kapitän" wird 90 ...

Geburtstag: 90 Jahre EHREN-Landesinnungsmeister Hans Joachim Scholz am 29. April 2024

 


Hans Joachim Scholz (Jochen Scholz auch Hanjo oder nur H.J.S.) beginnt seinen am 1.3.1974 fixierten Lebenslauf mit einem eigentlich untypischen Satz: „Ich bin Jahrgang 1934 und in Bad Homburg v.d.H. geboren sowie zur Schule gegangen, die mir stets verhaßt war …“.


Und so war er sein ganzes Arbeitsleben auch geprägt: Manchmal unerwartet untypisch, aber dann wieder sehr traditionsbewußt, jedoch immer klar und deutlich in seiner Meinung und von Anfang an immer ein stolzer „Tapezierermeister“ in seinem Handwerk.



1951 Lehre im elterlichen Betrieb, Privatunterricht bei einem Kunstmaler, Studienreisen ins Ausland, insbesondere Frankreich, England und den USA.

 

Er absolvierte die „Bundesfachschule des raumausstattenden Handwerks“ in Frankfurt. Sein Lehr-Jahrgang 1956/1957 gehörte der Blütezeit der Bundesfachschule an. Unter der harten Hand von Lehrkörper Alfred Bungardt war eine 6- Tagewoche mit 56 Lehrstunden und vielen Abend- und Nachtstunden intensives Lernen angesagt. Alfred Bungardt war über 40 Jahre der Lehrmeister mehrerer Generationen unseres Raumausstattungs-Handwerks.



Ein Höhepunkt jedes Lehrgangs war das mehrere Tage dauernde Event „Halodria Dekoria“. Dazu sind in mehreren Wochen die Lehrräume in Erlebnisräume umgewandelt worden. Hierbei wurde die Vielfalt der Stildekoration und moderne Raumgestaltung sowie die Kunst der Freihanddekoration vermittelt und praktiziert.


Hier entstand mit sein Impuls sich für die Wandlung in unserem Handwerk einzusetzen. Im elterlichen Betrieb wandelte er das Angebot von guter handwerklicher Arbeit ergänzend mit Planung, Gestaltung und Ausführung raumausstattender Leistungen anzubieten. Das kam bei der anspruchsvollen Kundschaft des Hochtaunus-Kreises und der Rhein-Main Region gut an.



Schon früh Ende der 50er Jahre entwickelten sich seine Vorlieben der beiden Hobbys mit dem ‚Privat-Piloten-Schein‘ für die Fliegerei und einer Mitbesitzerteilhabe an einer einmotorigen Kleinflugzeuges vom Typ MORAN das einige Kollegen kennen lernen durften und auch der Fotografie, die dem Verband noch heute viele wertvolle Archivbestände an Historie des hessischen Raumausstatter-Handwerks bescherte und bundesweit schon so etwas wie die Vorstufe des „PR-Öffentlichkeitausschusses“ war.


1965 ist unsere Berufsbezeichnung „Tapezierer“ in „Raumausstatter“ geändert worden. Es dauerte einige Jahre bis die neue Berufsbezeichnung bekannt wurde. Berufsbild und Prüfungsordnungen mussten neu erstellt werden. H.J.S. war einer der Initiatoren und treibende Kraft für die Neuordnung.



1969 wurde er bereits stellv. Obermeister der Raumausstatterinnung Obertaunus.

1970 schloss er das Abendstudium mit dem Titel des Innenarchitekten ab. Das und viele erfolgreiche, anspruchsvolle Raumgestaltungen aus den eigenen Werkstätten hielten ihn nicht davon ab weiterhin Seminare zu besuchen. So war er ständiger Gast bei den Eusemann-Seminaren. Herr Prof. Eusemann aus Nürnberg war in den 70er Jahren die Kapazität für Farbenlehre und Raumgestaltung. In dreitägigen Wochenenden wurde ohne Pause gelehrt und gelernt. Ende war erst, wenn abends an der Bar das Licht ausging.



Heinrich Schenk, der Präsident unseres Zentralverbandes von 1968 bis 1980, erkannte die Talente von H.J.S. Er berief ihn in den Redaktionsrat des neu gegründeten ZVR-Fachjournals „RZ“. Ferner übertrug er ihm die Vertretung unseres Verbandes im Hauptausschuss Kultur beim ZDH. 1974 begann H.J.S eine weitere Karriere. Er wurde Mitglied des Berufsbildungsausschusses (BBA) beim ZVR. Kurze Zeit später übernahm er die Führung des Ausschusses. Unter seiner Leitung kam es 1982 zum Abschluss der neuen Ausbildungsordnung. Der Wandel vom Polsterer, Tapezierer und Dekorateur zum Raumausstatter war vollzogen.



Weitere ehrenamtliche Tätigkeiten von ‚Hanjo‘ ist seine Richterberufung am hessischen Finanzgericht in Kassel am dritten Senat für lange 16 Jahre ab 1978, sowie seine Regionalbeiratstätigkeit als Vorsitzender bei der Signal Iduna Versicherung für Hessen,


Rheinland-Pfalz und das Saarland von 1988 bis 1999. Mitglied der Journalistenvereinigung des Deutschen Handwerks bzw. der handwerkspresse ist er bereits von 1976 an.


Darüber hinaus sind noch unbedingt zu erwähnen sein alternierender Vorsitz des Prüfungsausschusses der Handwerkskammer Kassel für die Restauratoren im Raumausstatter-Handwerk seit 1988 an, sein alternierender Vorsitzbei der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main für das Berufsbildungszentrum Weiterstadt (im sogenannten 1.3.3. Ausschuss) und sein Vorsitz im Meisterprüfungsausschuss bei der HWK FFM-Rhein-Main für das Sattler-Handwerk.



Mit Begeisterung und viel Applaus der Laternenfestbesucher fuhren die von Jochen Scholz gestalteten Motivwagen beim Laternenumzug durch die Kurstadt Bad Homburg. Das Laternenfest ist das größte Fest in Bad Homburg. Es findet immer am letzten Wochenende im August statt. Der illuminierte Abendumzug ist der Höhepunkt des Laternenfestes.



Als Kollegen und Freunde ergänzten sich ‚Hanjo‘ und der bereits verstorbene hessische Ehrenlandesinnungsmeister Heinz Hahn aus Frankfurt stets gegenseitig. Ob es um Wissen und Erfahrung oder um Hilfe bei Kapazitätsmangel ging, standen beide immer persönlich und für den Berufsfachverband zusammen. 1984 begann diese Zusammenarbeit im Ehrenamt. Jochen Scholz übernahm Heinz Hahns Vater Albert Hahn das Amt des Landesinnungsmeisters und Heinz Hahn trat in die Fußstapfen seines Vaters als Obermeister der Frankfurter Innung. Jochen Scholz und Heinz Hahn gehörtem gemeinsam dem Vorstand des Landesverbandes Hessen an und die (gegründete) Bürogemeinschaft „Vereinigte Frankfurter Innungen“ wurden vom Landesinnungsverband Hessen und der Frankfurter Innung verwaltet.



Die Kinder von H.J.S. hatten andere Berufsziele. Beide wollten nicht in die elterlichen Fußstapfen treten. Eine schwere Entscheidung stand im Hause Scholz an. Im Nachhinein betrachtet wurde die Richtige getroffen. 1986 verkaufte er die Firma Scholz an die Firma Raumausstattung Döll in Eschborn. Mit einem Beratervertrag ausgestattet, begleitete H.J.S. die Einführung bei der Bad Homburger Kundschaft und war umso mehr weiter ehrenamtlich für unser Gewerk aktiv.



1988 war ein Tiefpunkt im Leben des Ehepaars Scholz. Die Pilzkenner traf im hohen Norden von Dänemark eine Knollenblätter-Pilzvergiftung. Die Ärzte kämpften viele Monate mit dem Ehepaar gegen das Gift. Lebenswille und die Medizin besiegten die Vergiftung. Sie konnten in Ruhe genesen. Es gab keine Probleme in der (kommissarischen) Führung des Landesinnungsverbandes. Sein eingespielter Vorstand teilte die Termine auf.

Wenige Monate nach seiner Genesung war er wieder voller Tatendrang. Die Handwerkskammer Kassel begann mit der Ausbildung der Raumausstatter zum Restaurator im Handwerk. Jochen Scholz übernahm die Lehrtätigkeit in dem Fach Textil und Posamenten. Er wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden der Prüfungskommission für die Raumausstatter gewählt. Für die Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main war er der Initiator für Lehrgänge zum Sattler-Meister.



1990 beim Kongress der Europäischen Union in Deutschland E.U.T.D.S. (Friedberg) in Hessen und der ‚ersten‘ Teilnahme der DDR-Raumausstatter-Kollegen*innen spielte Hans Joachim Scholz in Sachen Wiedervereinigung ebenfalls eine entscheidende Rolle.


Durch Zufall entdeckte er in Berlin eine alte Auszeichnung der Zünfte zu „Danzig und Berlin“ aus dem Jahr 1630. Er kaufte das Werkzeug zur Herstellung der Wappennadeln und erwarb die Rechte zur Verleihung. Diese Ehrung gilt heute als eine der höchsten Handwerksauszeichnungen in unserem Raumausstattungsberuf und kann nur vom LIV Hessen verliehen werden! Er übertrug an den Landesverband die Rechte zur Verleihung der silbernen und goldenen Wappennadel zu „Danzig und Berlin“ von 1630.



Jochen Scholz stellte sich 1996 nicht zur Wiederwahl und übergab nach Neuwahlen den Staffelstab des LIM an seinen langjährigen Mitkollegen Heinz Hahn der dieses Amt dann wiederum weiterreichte nach Neuwahlen an den amtierenden LIM Ulrich Thomas. Das hatte ‚Hanjo‘ frühzeitig angekündigt und auch konsequent durchgezogen.



Kaum eine silberne oder goldene Ehrennadel des Handwerks die H.J.S. nicht bereits erhalten hat. Eine allerdings ist besonders hervorheben. 1996 verlieh der Oberbürgermeister Assmann von Bad Homburg im Auftrag des Bundespräsidenten vor rund 500 Ehrengästen im Maritim-Kurhaus-Hotel Hans Joachim Scholz das Bundesverdienstkreuz für über 30 Jahre Ehrenamt. OB Assmann in seiner Rede: „Hans Joachim Scholz hat sich um unseren Staat und unsere Gesellschaft verdient gemacht.“



Sein Engagement für unser Handwerk ist auch im Ruhestand genauso intensiv wie in seiner aktiven Zeit. Die Neuordnung der Handwerksordnung 2004 war auch für H.J.S. eine schwer verständliche Zensur. Die vorausgesagten Folgen für unser Handwerk wie Rückgang der Ausbildungsverhältnisse, Rückgang der Meisterprüfungen und Verfall der qualitativen Ausführungen der Arbeiten traten stärker ein als prognostiziert. H.J.S. benötigte ebenfalls eine gewisse Zeit, um sich auf die veränderten Verhältnisse einzustellen, aber die „Meister-Rückführung“ blieb für ihn ‚Herzensangelegenheit‘ und er nutzte dafür seine Kontakte in Politik und Wirtschaft wo er nur konnte.



H.J.S. ist weiterhin ein „Unruheständler“. Er besucht Messen und ist bei Fachvorträgen und Verbandsevents meist anzutreffen. Der Ehrenlandesinnungsmeister Hans Joachim Scholz ist bei den Obermeistertagungen und Landesverbandstagen fast immer anwesend. Seine Beiträge zeigen, dass er weiter auf der Höhe der Zeit ist und agiert. Sie werden von den Kollegen gerne angenommen auch wenn Sie ‚kritische Anmerkungen und Hinweise‘ dabei gleich mitgeliefert bekommen.


Als alter Flieger lebt er nach dem Spruch „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“. Ständiges Lernen und Weiterbilden in jeder Altersstufe erhält jung. Das Zusammenleben und Zusammenarbeiten über Generationen ist verständnisvoller und er war die letzten Jahre immer ein Motor und Befürworter der hessischen Jugend- und Nachwuchsarbeit.



Lieber Jochen, die Kollegen*innen gratulieren Dir sehr herzlich zum runden 90. Geburtstag.

Wir wünschen Dir noch viele Lebensjahre bei bester Gesundheit. Du bist zu jeder Sitzung immer willkommen und vor allem behalte deine offene Art, die Geschehnisse kritisch zu betrachten …


Fotos: LIV-Hessen (M. Schwarz)



bottom of page